Das Freispiel

Mit «freiem Spiel» ist das Spiel gemeint, bei dem das Kind / die Kinder selbst das Thema wählen und ihr Spiel grösstenteils selbstständig organisieren und spielen.

«Wenn man genügend spielt, solange man klein ist, trägt man Schätze mit sich herum, aus denen man später sein ganzes Leben lang schöpfen kann.»

Astrid Lindgren
Definition des Begriffes «Spiel»

Der Begriff Spiel in seiner ursprünglichen, positiven Bedeutung heisst, sich an etwas wagen, sich auf etwas einlassen. Spielen in diesem Sinne ist eine lustbetonte Auseinandersetzung mit uns selbst, unseren Mitmenschen, mit Gegenständen und Vorgängen und mit unserer Umwelt.

Was das freie Spiel für das Kind bedeutet

Das Kind…

  • …wählt sein Spielthema selbst. Also aus seinem Vergnügen und seinen Bedürfnissen heraus, welchen es folgen mag.
  • …wählt seinen Spielort selbst aus.
  • …entscheidet, ob es allein, mit Geschwister oder Freunden etwas tun will.
  • …entscheidet, ob es mit oder ohne Material spielen will, und es sucht sich sein Spielmaterial selbst aus.
  • … wählt den Spielverlauf selbst.
  • …darf mehrere Tätigkeiten / Spiele beginnen – ohne dazwischen aufzuräumen.
  • …bestimmt über die Intensität und Tempo seines Tätigseins nach eigenem Bedürfnis und Kräfteverhältnis.
  • …kann sich seinem Tun hingeben, es stellt sich selbst Aufgaben und denkt sich selbst was aus.
  • …muss nicht beweisen, dass es sinnvoll beschäftigt ist. Erlaubt ist auch herumstehen, zuschauen, faul sein, in Ruhe gelassen werden wollen, nichts zu tun.
  • …darf sich langweilen. Langeweile ist oft eine Quelle seine Kräfte zu führen um dann aktiv zu werden und seine Kreativität zu leben.

Was und wie die Kinder im Freispiel lernen

Kinder lernen viel während ihres freien Spiels. Denn sie beschäftigen sich aktiv mit dem, was sie können und möchten. Ihr Spiel dauert so lange bis ein Lernprozess beendet ist oder aber die Lust an etwas verloren geht. Das heisst für uns: Das Kind entscheidet selbständig, wo, mit was, mit wem und wie lange es spielen will!  Im Spiel werden gemachte Erfahrungen angewendet und verarbeitet. Fähigkeiten und Fertigkeiten trainiert.

Kinder Freispiel

Spielen fördert die Kommunikation zwischen Menschen. Gemeinsam gemachte Erfahrungen im Spiel wirken weiter ins Zusammenleben der Menschen.  Spielen fördert die gegenseitige Toleranz, ermöglicht das Erlernen von Gewaltfreiem Handeln und die Erfahrung: Das kann ich gut, das kann ich weniger gut. Dadurch lernen Menschen mit ihren Fähigkeiten und Grenzen umzugehen.

Gemeinsames Spiel mit Gegenständen, Problemen und Situationen hilft die Umwelt zu erfassen Kritikfähigkeit und Urteilsvermögen aufzubauen.

In jeder Entwicklungsphase reifen bestimmte Fähigkeiten heran, die das Kind sich durch konkrete Erfahrungen aneignet. Interessen und Eigenaktivität sind in jedem Alter entwicklungsspezifisch: Das Kind sucht sich aus der Vielzahl möglicher Erfahrungen diejenigen heraus die seinem Entwicklungsstand entsprechen. Kinder haben einen angeborenen Drang, ihre soziale und materielle Umwelt begreifen zu wollen. Die treibenden Kräfte der Entwicklung sind die Neugier und Eigenaktivität.

Spielerisches Lernen

Lernerfahrungen sind genauso wichtig wie der Erwerb von Fertigkeiten und Wissen. Durch selbstbestimmtes Lernen eignet sich ein Kind Lern- und Problemlösungsstrategien an und baut ein gesundes Selbstwertgefühl auf. Der Sinn des kindlichen Lernens liegt nicht im Endprodukt, sondern im Lernprozess selbst. Umwege, Fehlschläge und Enttäuschungen gehören ebenso zur Lernerfahrung wie der Erfolg.

Kind spielt mit Löwenzahn

Unser Ziel sollte sein, das einzelne Kind in seinem inneren Bestreben zu unterstützen und ihm das Gefühl zu geben: «Ich kann meine Fähigkeiten entwickeln, ich kann lernen, ich kann Probleme lösen. Was ich tue, ist sinnvoll und wird von anderen geschätzt.» Daraus ergibt sich im Verlauf der Kindheit das Grundgefühl: «Ich kann in dieser Welt mit meinen Fähigkeiten und meinem Wissen bestehen.»

Impulse zu unserer Haltung, um das freie Spiel zu begleiten

Als erstes lohnt es sich über folgende Fragen nachzudenken, um sich ein Bild von sich selbst also der persönlichen Haltung zu machen. Egal in welchem Bereich, eine reflektierte und bewusst gelebte Haltung schafft Ruhe und Klarheit, sowohl für mich selbst wie auch für die Kinder.  

  • Bin ich bereit, meine Persönlichkeit, meine Macht- und Führungsposition zugunsten der Kinder zurückzunehmen?
  • Kann ich den Kindern genügend Zeit und Raum geben?
  • Habe ich die Kraft, Geduld und das Vertrauen, die Kinder ihren Entwicklungsweg und Rhythmus zu entdecken und finden zu lassen?
  • Wie gelingt es mir, mich selbst zu beschäftigen?
  • Wie gehe ich mit Langeweile um?
  • Erlaube ich mir selbst mal nichts zu tun?
  • Wie gut kann ich mich in einen Prozess geben? Oder brauche ich immer ein klares Ziel / Endprodukt vor Augen?

Eigenes Erlebnis

Erst kürzlich begleitete ich eine wundervolle Freispiel Sequenz. Den Jungen den ich betreute interessiert sich momentan sehr für die Feuerwehr. Als wir von unserem Spaziergang bei welchen wir beim Feuerwehrdepot einen langen Stopp gemacht hatten, zurückkamen. Wurde zu Hause der Bobby Car zum Feuerwehrauto, der Pinsel zum Schlauch und der Velo- zum Feuerwehrhelm und die Sirene machte der Junge selbst. Von meiner Seite brauchte es nur hie und da ein Hinweis, dass ich irgendwo in der Wohnung ein Feuer gesehen hatte. Und schon fuhr die Feuerwehr mit voll Gas los. Den Jungen in seinem Tun zu beobachten eigentlich immer wenn Kinder tief in ein Spiel eintauchen können, erlebe ich für mich, die Kinder immer als etwas magisches.

Die Kinder im freien Spiel begleiten

  • Anteil nehmen: äusserlich passive Haltung, innerlich aktiv und lebendig
  • Abwartende, auf kindliche Kräfte vertrauende Haltung
  • Kinder beobachten und wahrnehmen, ansprechbar sein
  • Kinder machen lassen, möglichst wenig dreinreden
  • Anregungen, Impulse geben, evtl. in eine andere Richtung leiten
  • Zeit haben, helfen Beziehungen aufzubauen und Konflikte zu lösen.

Fazit:
Ihr merkt das freie Spiele ist ein Thema, welches mir sehr am Herzen liegt. Diese Form des Spiels birgt unglaublich viel Reichtum in sich. Ob nun in einer Kita / Hort oder zu Hause ich wünsche jedem Kind, dass es viel Raum bekommt sich seinem freien Tun hingeben zu können.