Konstruktiver Umgang mit Kritik

Andere zu kritisieren, mag ja noch angehen – aber selbst kritisches anhören müssen, ist eine andere Sache. In diesem Blog zeige ich dir einen Weg, wie du lernen kannst, konstruktiv mit Kritik umzugehen.

Allgemeine Erfahrungen mit Kritik

Niemand wird gern für sein Verhalten kritisiert. Schon deshalb nicht, weil jeder schon einmal (oder öfter) die Erfahrung gemacht hat, dass die Kritisierenden dabei hauptsächlich eigene Frustration rauslassen oder heimlich Machtspiele spielen. Solche unangenehmen Erfahrungen führen dazu, dass sich viele Menschen bei Kritik schnell als ganze Person abgewertet fühlen. Um sich davor zu schützen, benutzen die «Angegriffenen» häufig zwei gleichermassen unproduktive Reaktionsweisen. Entweder sie nehmen, um weitere Kritik zuvorzukommen, bereitwillig alle Schuld auf sich oder sie handeln nach der Devise «Angriff ist die beste Verteidigung», und hauen ihrerseits in die gleiche Kerbe. In beiden Fällen verschliessen sich die Betroffenen, gegen mögliche nützliche Hinweise und Beziehungsangebote, die in der Kritik verborgen sein können.

Umgang mit Kritik

  • Entscheide ob, du der richtige Ansprechpartner bist und ob du dir die Kritik jetzt oder später anhören willst.
  • Beschränke dich zunächst auf das Zuhören und Aufnehmen.
  • Gib den Inhalt der Kritik mit eigenen Worten wieder.
  • Erkläre dein Verhalten, wenn es notwendig ist. Kläre sachlich falsche Aspekte der Kritik.
  • Trefft miteinander eine Absprache über zukünftiges Verhalten.
  • Gebt euch gegenseitig Rückmeldung über das Gespräch. Oder resümiert, was ihr erreicht habt und welche Aspekte noch offen sind.
Kritik äussern und annehmen

Auf was es bei Kritik ankommt

Es kommt also darauf an, dass derjenige, der kritisiert wird, die konstruktiven Anteile der Kritik wahrnimmt und anerkennt. Dazu gehört erst einmal, dass man als Person nicht durch das eigene abwehrende Verhalten, andere davor abschreckt, eine kritische Rückmeldung zu geben. Folgend möchte ich aufzeigen, wie du konstruktiv mit, an dir ausgesprochenen Kritik umgehen kannst. Und wie du dich zugleich gegen ein «zu viel» oder «ungerecht» abgrenzen und schützen kannst.

  1. Entscheidung Treffen
    Du bist nicht gezwungen, jede Art von Kritik von jeder Person, an jedem Ort und zu jeder beliebigen Zeit anzuhören.
    Kläre zunächst ab:
    – Ob du die richtige Adresse für die Kritik bist
    – Ob du hier und jetzt darüber sprechen willst oder welchen Zeitpunkt und welche Bedingungen du stattdessen geeigneter findest.
  2. Kritik anhören
    Dieser Teil erfordert Geduld. Denn du musst dir die Kritik zunächst anhören, ohne dein Gegenüber zu unterbrechen und nicht gleich Stellung zu beziehen. Es kann sein, dass die Äusserungen deines Gegenübers von erheblichen Emotionen begleitet sind. Dies gehört je nach Temperament dazu und du solltest dies nach Möglichkeit auch zulassen. Das «Dampfablassen» kann die anschliessende Konfliktlösung erleichtern, sofern es dir gelingt, nicht jedes Wort auf die Goldwaage zu legen.
  3. Die Kritik mit eigenen Worten wiedergeben
    Wenn du den Inhalt der Kritik, selbst noch einmal formulierst, gibst du dem Gegenüber das Gefühl, dass du ihn als Person und mit seinem Anliegen akzeptierst. Du signalisierst ihm, dass du verstehen willst, was er meint und du bereit bist, auf ihn einzugehen. Damit erfüllst du ein existenzielles menschliches Grundbedürfnis nach Annahme. In aller Regel wirkt dieses Verhalten deeskalierend. Dein Gegenüber wird ruhiger und ist seinerseits bereit, auch deine Position verstehen zu wollen. Wenn du seine Kritik wiederholst, ist es allerdings wichtig, eigene abwertende und interpretierende Kommentare zu vermeiden. Sonst wirst du wohl nicht in der Lage sein, das Problem zu lösen, sondern wahrscheinlich nur sehr emotional darüber diskutieren, wer was gesagt und wie gemeint hat.
  4. Anerkennenswerte Aspekte benennen
    Nachdem du dir die Kritik angehört und verstanden hast, gilt es nun, konstruktiv darauf zu reagieren. Hinter der Kritik verbergen sich vielleicht kleine und grosse Geschenke, von denen einige lediglich unansehnlich verpackt sind. Dann ist sicher einiges dabei, was nichts mit dir zu tun hat und auf falschen Informationen, Vorurteilen und Projektionen beruht. Möglicherweise ist auch manches dabei, was dich bewusst verletzen soll. Und vielleicht ist es insgesamt einfach zu viel.

    Es ist nun deine Entscheidung, welche Aspekte du aus der geäusserten Kritik annimmst. Natürlich kannst du dich auch begierig auf alles Unzutreffende stürzen und dich empören. Dann musst du dich nicht mit dem unbequemen, aber vielleicht nützlichen Inhalt auseinandersetzen. Eine weitaus konstruktivere Möglichkeit besteht darin, sich diejenigen Aspekte herauszunehmen, mit denen du im Moment etwas anfangen kannst.
  5. Eigenes Verhalten transparent machen
    Falls es angebracht erscheint, kannst du das eigene Verhalten erläutern, ohne dich jedoch zu rechtfertigen. Wichtig ist, dass dein Gegenüber auch wirklich offen und bereit ist dir zuzuhören. An dieser Stelle geht es auch darum, sachliche Unrichtigkeiten beziehungsweise Verzerrungen der Realität richtig zu stellen. Du solltest aber wirklich nur, auf relevante Aspekte eingehen. Ansonsten werden die zu einer Lösung erforderlichen Energien in einer unproduktiven Rekonstruktion vergangener Ereignisse gebunden. Dies kann wiederum eine konstruktive Lösungsfindung stark behindern. 
  6. Absprachen treffen und Bilanz ziehen
    Die zutreffenden Kritikpunkte können schliesslich durch klare Vereinbarungen ausgeräumt werden. In diesem Zusammenhang ist zu klären, was dein Gegenüber konkret von dir erwartet. Danach entscheidest du, ob du für eine Veränderung bereit bist und ob diese überhaupt in deiner Macht liegt.

Tipp für den Alltag

Wenn du in eine Situation kommst, in der du spontan Kritik äussern oder entgegennehmen sollst und vielleicht keine Zeit und Ruhe hast, über Regeln und Vorgehensweise nachzudenken, dann denke an die 3 K beziehungsweise 3 Z für Kritikgespräche.

Die 3 K zum Geben von Kritik

  • Kurz
  • Konkret
  • Konstruktiv

Die 3 Z zum Annehmen von Kritik

  • Zuhören
  • Zuhören
  • Zuhören

Impulse für eine gelungene Gesprächsführung

GesprächsfördererGesprächsstörer
Aktiv ZuhörenAusfragen
Auf den Punkt bringenBefehlen
BeteiligenBelehren
Denkanstoss gebenBewerten
Gefühle ansprechenDrohen
In Beziehung setzenHerunterspielen
MitteilenIronisieren
NachfragenRatschläge geben
UmschreibenVerspotten
UnterstützenVon sich reden
WertschätzenWarnen
Zusammenfassen 

In einer Kritik birgt sich immer auch die Chance für Wachstum. Wir alle haben unsere Blinden Flecken und es kann hilfreich sein, wenn einem der eine oder andere bewusstwird. So gesehen kann Kritik ein wahres Geschenk sein. Schütze dich, und traue dich mit offenem Ohr zu zuhören, was dein Gegenüber dir mitteilen will. Es freut mich, wenn es mir gelungen ist, deinen Blickwinkel in Bezug auf den Umgang mit Kritik zu weiten.