Eigenschaften der Kommunikation
Hinweis: Dieser Beitrag ist inspiriert durch die Arbeiten von Paul Watzlawick (1921- 2007), ein österreichischer Philosoph, Psychotherapeut und Kommunikationswissenschaftler.
Offensichtlich ist, dass der Mensch von den ersten tagen seines Lebens, die Regeln der Kommunikation zu erlernen beginnt, obwohl diese Regeln ihm kaum jemals bewusstwerden.
Was unter Kommunikation verstanden wird
Kommunikation ist das grundlegende soziale Geschehen. Sprachlich und nichtsprachlich teilen wir uns den anderen mit und empfangen ihre Mitteilungen. Auf diesem Vorgang beruhen Menschenwerdung und kulturelle Entwicklung.
- Der Wortteil «Kommun» stammt aus dem lateinischen und bedeutet gemeinsam.
- Kommunikation = Verständigung, Austausch von Mittleilungen und Nachrichten, Austausch von Signalen.
Sich verstehen ist nicht selbstverständlich.
Ein Wunder, dass wir uns verstehen.
Gesagt ist noch nicht gehört.
Gehört ist heisst noch nicht verstanden.
Verstanden bedeutet noch nicht einverstanden.
Einverstanden bedeutet nicht angewendet.
Angewendet ist noch nicht beibehalten.

Die fünf grundlegenden Eigenschaften der Kommunikation
Es ist nicht möglich, nicht zu kommunizieren
In Gegenwart anderer Menschen, gibt es die Freiheit, auf Kommunikation zu verzichten nicht. Wer redet teilt etwas mit, wer schweigt ebenfalls. Verhalten hat kein Gegenteil. Denn man kann sich nicht «nicht verhalten».
Wer im Bahnabteil angestrengt zum Fenster hinaussieht oder in einem Buch liest, wird von seinen Mitreisenden ebenso verstanden wie einer, der ein Gespräch über das Wetter beginnt.

Schweigen ist allerdings eine vieldeutige Mitteilung, die zu vielen Missverständnissen führen kann. Da der Sachinhalt fehlt, muss das Schweigen aus dem Situationszusammenhang und dem Ausdruckverhalten des «Schweigers» gedeutet werden. Wer in einer Diskussion also nichts sagt, wird von den anderen höchst unterschiedlich verstanden.
Menschliche Kommunikation ist zweisprachig: begrifflich und ausdruckshaft
Wenn Menschen miteinander reden, tun sie dies in zwei sehr verschiedenen Sprachsystemen. Sie bedienen sich einer begrifflichen Sprache und drücken sich gleichzeitig mimisch, gestisch und durch Tonfall und Klangfarbe der Stimme aus.
Der geschriebene Text ist einsprachig, begrifflich. Schweigen, Lachen, Weinen sind ebenfalls einsprachig, ausdruckshaft. Säuglinge beherrschen, zunächst nur die Ausdruckssprache. Wenn Erwachsene mit ihnen sprechen, reagieren sie in erster Linie auf den Ausdrucksgehalt der Stimme und des Gesichtes.
Die Ausdrucksprache ist unmittelbar und ursprünglicher als die Begriffssprache. Sie ist aber auch weniger logisch fassbar. So gibt es zum Beispiel Tränen des Schmerzes, der Wut, aber auch der Freude. Die geballte Faust kann Drohung, Wut oder Selbstbeherrschung ausdrücken. Ein Lächeln Zuneigung oder Verachtung. Ähnliches gilt natürlich, auch für das Schweigen.
Der Beziehungsaspekt (das Wie) definiert den Inhaltsaspekt (das Was) der Kommunikation
Kommunikation hat zwei Ebenen:
- Inhalt (Was gesagt wird)
- Beziehung (Wie es gesagt wird)
Der Inhalt wird für gewöhnlich durch Worte vermittelt. Gleichzeitig gibt das Ausdruckverhalten Hinweise darauf, wie das Gesagte aufzufassen ist. Die folgenden Sätze können zum Beispiel je nach Tonfall und Situationszusammenhang, auch das Gegenteil des wörtlichen Inhaltes bedeuten.
- Das hast du ja, gut gemacht!
- Tatsächlich, ein hübsches Kleid!
- Natürlich komme ich gerne!
Wie es gemeint ist, sagt uns die Ausdruckssprache. Sie liefert gleichsam die «Verhaltensanweisung» zum begrifflichen Inhalt. Man kann also sagen, dass der Beziehungsaspekt (das Wie), der Kommunikation den Inhaltsaspekt (das Was) festlegt oder definiert.
Besondere Probleme ergeben sich dort, wo der Beziehungsaspekt mit dem Inhalt nicht übereinstimmt. Viele Kinder empfangen auf der verbalen Ebene die Botschaft: «Wir lieben dich, wir wollen nur das Beste für dich!» Und sind zutiefst irritiert, weil sie auf der Beziehungsebene ganz anderes wahrnehmen. Es ist zwar leicht mit Worten zu lügen, um aber die Ausdrucksebne täuschen zu können muss man ein recht guter Schauspieler sein. Kinder durchschauen die Erwachsenen oft ziemlich rasch. Sie spüren die Diskrepanz zwischen dem «Was» und dem «Wie» in der Kommunikation.
In einer Beziehung ist jedes Verhalten zugleich Ursache und Wirkung
Der unbeteiligte Beobachter kann diese Grundeigenschaft der Kommunikation ohne weiteres wahrnehmen. Was er aber von aussen sieht, erleben die Beteiligten in der Regel anders.
Ein Beispiel
Eine sehr initiative und energische Frau lebt mit einem eher passiven Mann zusammen, der ihr die meisten Entscheidungen überlässt.
Für den Aussenstehenden ist klar, dass die Passivität des Mannes und die Initiative der Frau sich gegenseitig bedienen. Die Passivität des Mannes ist einerseits Ursache, für das initiative Verhalten der Frau. Sie ist so aktiv, weil er so passiv ist. Andererseits ist seine Passivität auch durch die Wirkung ihres Verhaltens bedingt. Er ist so passiv, weil sie so aktiv ist.
Die direkt Beteiligten erleben allerdings ihre Beziehung anders. So beklagt sich die Frau oft darüber, dass sie alles selbst machen müsse, weil ihr Mann so gleichgültig sei und immer alles ihr überlasse. Der Mann dagegen ist der Meinung, dass er nur dann seinen Frieden haben kann, wenn er sie machen lasse. Sie gebe ohnehin keine Ruhe, bis sie ihren Willen durchgesetzt habe.
Mann und Frau erleben das Verhalten des anderen Partners jeweils als Ursache für das eigene Verhalten: «Weil sie/er so ist, muss ich…». Damit hat die Abfolge einen «Ausgangspunkt» bekommen: Es liegt beim anderen!
Kommunikationsabläufe sind symmetrisch (gleich) oder komplementär (ergänzend)
Wenn Menschen symmetrisch kommunizieren, verhalten sie sich spiegelbildlich. Sie tun und sagen ungefähr das, was der andere auch tut oder sagt. Man versucht sich zum Beispiel für ein Geschenk zu «revanchieren». Komplimente «gibt man zurück» und Schimpfworte ebenfalls.
Symmetrische Kommunikation ist Ausdruck eines Strebens nach Gleichheit. Dies gilt für streitende Kinder, die das gleiche Imponiergehabe zeigen. Dies gilt auch für Erwachsene, die sich überlegen, was sie anziehen müssen, um bei einer Einladung nicht aus dem Rahmen zu fallen.
Komplementäre Kommunikation beruht dagegen auf den Unterschieden. Das Verhalten der Partner ergänzt sich gegenseitig. So ist zum Beispiel auch die Kommunikation zwischen Mutter und Säugling komplementär. Doch bereits das Kleinkind versucht vielleicht, ein Stück Symmetrie herzustellen, wenn es seinen Willen gegenüber dem der Mutter durchsetzt.
Harmonische Beziehungen enthalten oft viele komplementäre Elemente. «Die beiden passen gut zusammen» sagt man, wenn Unterschiede in der Persönlichkeit und Verhalten sich gegenseitig ergänzen.
Ob eine Kommunikationsfolge symmetrisch oder komplementär verläuft, hängt auch stark mit den Erwartungen der Umwelt ab. Wenn ein Zehnjähriger auf dem Pausenplatz von einem Kameraden herausgefordert wird, so weiss er, was er seinem Ansehen schuldig ist. Wird er aber ein paar Minuten später vom Lehrer aus irgendeinem Grund angefahren, erwartet niemand, dass er zurückgibt.
Die erwähnten Beispiele machen auch folgendes deutlich: In symmetrischen Beziehungen kommt es leicht zu offenen Auseinandersetzungen. Konflikte werden ausgetragen und Streit ist manchmal unvermeidlich. In komplementären Beziehungen bleiben Konflikte dagegen oft lange verborgen.
Wir sind am Ende des heutigen Blogs angekommen. Es freut mich, wenn es mir gelungen ist dir einige Anregungen aus der Welt der Kommunikation mit auf den Weg zu geben. Und vielleicht verspürst du ja sogar den Impuls mal über deine Kommunikationsmuster nachzudenken.